Wie ich erzähle

Wie ich erzähle

„Fairy Tales are more than true. Not because they say that dragons exist. But because they say that dragons can be beaten.“

G.K. Chesterton

Ich bin Erzählerin, und keine…

… Vorleserin!

Ich erzähle frei. Daran gibt es nichts zu rütteln. Das heißt: Kein Vorlesen, kein Buch in der Hand. Ich verbinde mich mit der Jahrhunderte alten Tradition der mündlichen Überlieferung. Viele meiner Geschichten habe ich noch nicht einmal aus Büchern, sondern sie von anderen Erzähler*innen gehört. Und so soll es sein: Die Geschichte verbindet Menschen und Zeiten, einfach, indem sie erzählt wird.

… Schauspielerin!

Denn ich schlüpfe nicht in Rollen. Egal was ich erzähle, ich bin und bleibe immer ich selbst – die Geschichtenerzählerin. Ich lerne auch keine Texte auswendig – sonst wäre es kein freies Erzählen mehr, sondern Rezitation. Ich erzähle Geschichten, als wären es Erinnerungen.

Anders als ein Schauspieler warte ich nicht auf den Endapplaus. Ich erlebe den Austausch mit dem Publikum sofort – Erzählen ist Kommunikation. Darum dürfen gerade Kinder dazwischen quatschen, Vorschläge machen und mitspielen.

… Komödiantin!

Natürlich sind manche Geschichten lustig. Aber ich erzähle nicht, um lustig zu sein. Ehrlich gesagt könnte ich das gar nicht – ich bewundere die Kolleg*innen von der humorvollen Zunft. Bisweilen bringe ich meine Zuhörer natürlich zum Lachen. Aber ich kann sie auch zum Weinen bringen. Oder sie das Fürchten lehren. 

… Märchentante!

Ja, Märchen erzähle ich auch. Wer aber glaubt, Märchen und Geschichten seien nur etwas für Kinder, der irrt. Ich habe schon gestandene Erwachsene bei Geschichten weinen sehen. Oder lachen. Und oft höre ich: „Eigentlich wollte ich nur meine Tochter herbringen, aber jetzt war es der schönste Tag, den ich seit langem erlebt habe!“

Märchen verbinden mein Publikum mit etwas lange verloren geglaubten… lassen Sie sich einmal darauf ein.

Woher kommen die Geschichten? Manche kommen aus dem Austausch mit anderen Geschichtenerzähler*innen auf Märkten und Lagern. Es gibt einige befreundete Erzähler*innen, die ich verehre und denen ich immer wieder fasziniert lausche. Das ist – meines Erachtens – die ursprünglichste, reinste Form des Geschichten-Lernens, so, wie es auch früher zuging: Man hörte die Geschichten und gibt sie dann aus der Erinnerung weiter. Tatsächlich kann ich mir eine Geschichte so am besten merken. Und so gibt es denn Geschichten, die ich wirklich ausschließlich mündlich übernommen habe.

Viele Geschichten kommen dann doch aus Büchern. Genau genommen nehme ich meine Ideen, das Grundgerüst der Geschichte, aus Büchern. Ich lese die Geschichte einmal, zweimal, manchmal fünf bis sieben mal. Öfter aber nicht, denn dann besteht die Gefahr des auswendigen Vortragens, das ich ja gerade vermeiden will. Dann erzähle ich sie immer und immer wieder, leise im Kopf oder laut beim Fahrradfahren, oder ich erzähle sie meinem Sohn oder meiner Frau. Dabei finde ich meine eigene Ausdrucksweise – und manchmal tatsächlich auch eine neue Geschichte, die plötzlich hinter einer alten hervorblinzelt.

Hörproben findet Ihr hier, Pressestimmen gibt es hier.